Peter Jonkers: Religiöse Wahrheit im Horizont des gesellschaftlichen Pluralismus

In der heutigen pluralistischen Gesellschaft wird jedem religiösen oder weltanschaulichen Wahrheitsanspruch mit großem Argwohn begegnet. Jedoch lässt sich dieser Anspruch nicht einfach durch einen vernünftigen Konsens ersetzen, weil „Vernünftigkeit“ und „Konsens“ alles andere als eindeutige und universale Begriffe sind. Vor diesem Hintergrund plädiert der ehemalige Papst Benedikt XVI. für eine Erweiterung der Vernunft auf das Transzendente, damit sie imstande sei, die existenziellen Fragen der Menschen auf eine vernünftige Weise zu deuten und aufgrund eines sich am Leben orientierenden Wahrheitsbegriffes zu beantworten. Dies bedeutet, dass unsere Gesellschaft tatsächlich vieles von Papst Benedikts Idee einer erweiterten Vernunft und Wahrheit, die sich von jeher als Weisheit definiert hat, lernen kann, indem sie die Verschiedenheit menschlicher Lebensweisen zum Thema eines vernünftigen Gesprächs macht. Es wird aber zugleich deutlich, dass Benedikt XVI. mit seinem existenziellen Wahrheitsbegriff der Realität des gesellschaftlichen Pluralismus unzureichend gerecht wird.


In contemporary pluralistic society, every religious truth claim is met with deep suspicion. Yet, this idea of truth cannot be replaced just like that by reasonable consensus, because ‘reasonableness’ and ‘consensus’ are anything but unambiguous and universal concepts. Against this background the former Pope Benedict XVI pleads for a enlargement of reason to the transcendent, so that humans are empowered to interpret their existential questions in a reasonable way and to respond to them on the basis of a life orientating idea of truth. This means that contemporary society can learn a lot from Benedict’s idea of an enlarged reason and truth, which has always been defined as wisdom, thus paving the way for a reasonable discussion about the existing variety of ways of life. But it is also evident that, with his idea of existential truth, Benedict is unable to do full justice to the reality of societal pluralism.


(Seite 384-406)

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