Dieter Böhler SJ: „Groß ist die Wahrheit und übermächtig!“ (1 Esdr 4,41). Serubbabels Rede über die Wahrheit als philosophische Argumentation und zugleich genuin jüdisches Thema

Der Wettstreit der Leibwächter des Königs Darius über die Frage, was das Mächtigste sei (1 Esdr 3-4), besteht hauptsächlich aus drei Reden: Der erste Redner behandelt die Macht des Weines, der zweite argumentiert für den König, der dritte, das ist Serubbabel, spricht von der Macht der Frauen, vor allem aber von der alles übertreffenden Wahrheit. Serubbabels Rede über die Wahrheit in 1 Esdr 4,34-41 wird weithin als späterer Zusatz zu seiner ersten Rede über die Macht der Frauen (1 Esdr 4,13-32) gesehen und bisweilen sogar verdächtigt, nichtjüdischen Ursprungs zu sein.

Dieser Artikel will erstens zeigen, dass Serubbabels zweiteilige Rede über die Frauen und die Wahrheit ein zusammenhängendes Ganzes bildet und nur in dieser Kombination ein philosophisches Argument ergibt, das die Vorredner widerlegt; und zweitens, dass Serubbabel so über die Wahrheit redet, wie es auch die Qumrantexte tun. 1 Esdr, eine Komposition des 2. Jhdts. v. Chr., benutzt wie die Qumranleute die „Wahrheit“ als Kampfbegriff gegen die „Lügner“ des hasmonäischen Establishments.



The contest of king Darius’ bodyguards about what is to be considered as most powerful (1 Esdr 3-4) consists mainly of three addresses: the first arguing in favour of the power of wine, the second on the king and the third, Zerubbabel’s, on the might of women, but which surpasses all others is the might of truth. Zerubbabel’s speech on truth in 1 Esdr 4,34-41 is widely seen as a secondary addition to his first speech on the power of women (1 Esdr 4,13-32) and sometimes even suspected of being of non Jewish origin. This article argues that, firstly, Zerubbabel’s twofold address on women and truth forms a coherent whole and only in this combination makes a philosophical argument refuting the preceding speakers. And secondly, Zerubbabel talks about truth as e. g., the Qumran texts do. 1 Esdr, a composition of the 2nd century B. C., uses the concept of truth, quite like the Qumran dissidents do, as a polemical weapon against the “liars” of the Hasmonean establishment.


(Seite 29-42)

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