Erklärung des Professoriums zum Ernennungsverfahren von Prof. Dr. Ansgar Wucherpfennig SJ

Im Februar 2018 hat die Hochschulkonferenz der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen Pater Prof. Dr. Ansgar Wucherpfennig SJ für eine dritte Amtszeit zum Rektor gewählt. Da das Nihil obstat der Bildungskongregation bis Ende September nicht vorlag, konnte seine Ernennung zum Beginn des Wintersemesters nicht erfolgen.

Angesichts dieser Tatsache bekräftigt das Professorium der Hochschule Sankt Georgen die mit großer Mehrheit erfolgte Wahl der Hochschulkonferenz von Ansgar Wucherpfennig zum Hochschulrektor. Es erklärt einhellig und mit Nachdruck seine hohe Wertschätzung für die Person des Gewählten und seine ungeteilte Unterstützung für eine dritte Amtszeit.

In Pater Wucherpfennig weiß das Professorium einen international renommierten Neutestamentler in seinen Reihen, an dessen fachlicher Qualifikation, wissenschaftlicher Reputation, kirchlicher Loyalität und seelsorglichem Feingefühl kein Zweifel besteht. Das Professorium bedankt sich ausdrücklich für zahlreiche Solidaritätserklärungen und den Einsatz vieler Personen für den gewählten Rektor und für unsere Hochschule. 

Das Professorium ist über das Ausbleiben des Nihil obstat und über die dafür bekannt gewordenen Begründungen irritiert.

  1. Zu Recht erwarten die Katholikinnen und Katholiken von der Kirche eine Offenheit für grundlegende Diskurse über Fragen der Sexualmoral und die Repräsentation von Frauen in kirchlichen Strukturen. Sie erwarten eine Seelsorge, welche die Intimität der einzelnen Menschen respektiert. Eine definitive Verweigerung des Nihil obstat würde das Bemühen der Kirche in Deutschland erschweren, das u. a. durch den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Sie verstärkte überdies den Eindruck vieler engagierter Christinnen und Christen, dass ihre im Glauben und vor ihrem Gewissen verantworteten Lebensentwürfe in kirchlichen Reflexions- und Entscheidungsprozessen nicht ernst genommen werden. Wir halten es für notwendig, inhaltliche Diskussionen zuzulassen, den akademischen Diskurs zu respektieren und die unterstützenden Voten des Provinzials und der Ortsbischöfe anzuerkennen.

  2. Die umfassende Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Vielfalt verantwortlich gewählter Lebensentwürfe kennzeichnen den gesellschaftlichen Kontext theologischer Forschung in Deutschland. Eine der vordringlichen Aufgaben der Theologie besteht darin, gesellschaftliche Grundüberzeugungen im Licht des Evangeliums zu deuten (vgl. „Gaudium et spes“, Nr. 4). Nach „Veritatis gaudium“ ist die „Offenheit für neue Situationen und Vorschläge“ das Kennzeichen guter Theologie und Aufgabe kirchlicher Universitäten und Fakultäten (Nr. 3). Eingriffe in die akademische Selbstverwaltung theologischer Fakultäten und die Disziplinierung von Vertreterinnen und Vertretern innovativer Positionen in offenen theologischen Fragen gefährden die Rolle der Theologie als ernsthafte und ernst genommene Gesprächspartnerin in wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskursen. Wir halten deshalb theologische Reflexionsprozesse für notwendig, die von Verantwortung für die Kirche ebenso wie von Freimut gekennzeichnet sind.

  3. Die Hochschule Sankt Georgen hat sich in ihrem Leitbild auf ein Denken und eine Spiritualität verpflichtet, die auf die Freiheit und Entscheidungsfähigkeit der einzelnen Menschen ausgerichtet sind und sich bemühen, die Präsenz Gottes in dieser Welt zu entdecken. Sie steht für den dialogischen Charakter von Kirche und Theologie im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils. Vor diesem Hintergrund ist das Professorium an der inhaltlichen Klärung der Differenzen interessiert. 

Das Ausbleiben des Nihil obstat gefährdet zudem die Planungs- und Verfahrenssicherheit der Hochschule Sankt Georgen. Deshalb hält das Professorium eine zeitnahe Erteilung des Nihil obstat für notwendig. 

Das Professorium hat diese Erklärung mit großer Mehrheit beschlossen. 

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