Institut für theologische Begründung des Kirchenrechts, kirchliche Rechtsgeschichte und Religionsrecht (IKRR)

Das Institut für theologische Begründung des Kirchenrechts, kirchliche Rechtsgeschichte und Religionsrecht (IKRR) wurde 2023 gegründet und steht unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Meckel, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht, Religionsrecht und kirchliche Rechtsgeschichte an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen.

Das IKRR widmet sich Forschungsprojekten im Bereich des Kirchenrechts und des Religionsrechts, die sich insbesondere mit Fragen der theologischen Grundlagen und der Begründung des Kirchenrechts in rechtsgeschichtlicher und aktueller Perspektive auseinandersetzen. Im Rahmen der Hirschberger Kirchenrechtstagung, die vom Institut in Kooperation mit dem Seminar für Kirchenrecht, kirchliche Rechtsgeschichte und Staatskirchenrecht der Johannes Gutenberg-Universität Mainz veranstaltet wird, werden regelmäßig aktuelle Fragen innerhalb der Kanonistik im Diskurs mit Fachvertreterinnen und -vertretern aus Wissenschaft und Praxis diskutiert. Die Fachtagungen, Konferenzen und Exkursionen des Instituts ermöglichen auch Studierenden sowie Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern Einblick in verschiedene Bereiche des kirchlichen Rechts.

Das IKRR dient der interdisziplinären Vernetzung und Forschung in den Bereichen des kirchlichen Rechts, der kirchlichen Rechtsgeschichte sowie des Religionsrechts der Bundesrepublik Deutschland in europäischer und internationaler Perspektive. Das Lexikon für Kirchen- und Religionsrecht (LKRR), das 2019-2021 in vier Bänden erschienen ist und von Prof. Dr. Thomas Meckel mitherausgeben wurde, vereint Informationen zu verschiedenen geltenden innerreligiösen Eigenrechten mit der religionsrechtlichen Perspektive des Staates auf dem neuesten Stand der Forschung. Diese Perspektive wird auch in der Kooperation mit dem Forum für den Vergleich der Rechtsdiskurse der Religionen (RdR) der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg verwirklicht, dessen Mitglied Prof. Dr. Thomas Meckel ist.

 


Aktuelles

 
Verkündigungsauftrag der Kirche in pluraler und säkularer Umwelt
Kirchenrechtliche Tagung vom 23.-25. September 2024 auf Schloss Hirschberg

 

Unter dem Thema „Verkündigungsauftrag der Kirche in pluraler und säkularer Umwelt“ fand vom 23.-25. September 2024 zum achten Mal die kirchenrechtliche Tagung auf Schloss Hirschberg, dem Bistumshaus der Diözese Eichstätt, statt. In acht inhaltlichen Blöcken, die verschiedene Aspekte des Tagungsthemas beleuchteten, referierten jeweils ein kirchrechtlicher Experte bzw. eine kirchenrechtliche Expertin sowie ein Experte bzw. eine Expertin einer anderen theologischen Disziplin bzw. einer anderen Wissenschaft. Die diesjährige Hirschbergtagung nahm zentrale Fragen der Verkündigung somit nicht nur aus kirchenrechtlicher Perspektive in den Blick. Im Dialog mit anderen Disziplinen wurden Möglichkeiten und Grenzen der kirchlichen Verkündigung ausgelotet und Vorschläge de lege ferenda entwickelt.

Eröffnet wurde das Tagungsprogramm mit einem Vortrag von Prof. Dr. Heinrich de Wall, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht, Staats- und Verwaltungsrecht an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, zum Thema: Menschenrechte – Religionsfreiheit im Kontext des Verkündigungsdienstes der Religionen. Dezidiert aus der Perspektive des staatlichen Rechts erläuterte er zunächst die grundrechtliche Erfassung von Religionsfreiheit. Sie ist eine juristische Konsequenz aus der Menschenwürde und ein unmittelbares Recht, welches keine weitere gesetzliche Konkretisierung notwendig macht. Prof. de Wall verdeutlichte anschließend die staatliche Perspektive auf das Verkündigungsrecht. Die Verkündigung ist Sache der Religionsgemeinschaften und deshalb innerhalb der Religionsfreiheit zu erfassen. Prälat Prof. P. Dr. Markus Graulich SDB, Untersekretär des Dikasteriums für die Gesetzestexte, ging in seinem Vortrag aus kirchenrechtlicher Perspektive auf die Menschenrechte im Verkündigungsdienst der Kirche ein. So wird das Buch III des CIC 1983 zum „Verkündigungsdienst der Kirche“ mit c. 747 CIC/1983 eröffnet, der besagt, dass die Kirche das durch Christus anvertraute Glaubensgut heilig bewahrt, tiefer erforscht und treu verkündigen und auslegen soll. Dies ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch das angeborene Recht der Kirche. Die iura nativa werden durch Christus selbst begründet und sind insgesamt im Codex nur selten verwendet. C. 747 § 2 CIC/1983 spricht von der Kirche – dies umfasst alle Gläubigen als Träger des kirchlichen Verkündigungsdienstes. Die Kirche vollzieht ihre Verkündigung immer im Rahmen des Verhältnisses zur politischen Gemeinschaft. Demnach wird die Religionsfreiheit auch vom kirchlichen Gesetzgeber vorausgesetzt und die Kirche, als sozialer Ausdruck des Glaubens, muss von Seiten des Staates geachtet werden. Prälat Graulich verdeutlichte, dass die menschliche Würde ihre Wurzeln in der Gottebenbildlichkeit hat und Menschenrechte aus kirchlicher Perspektive das Recht auf das Leben selbst sind.

Der zweite inhaltliche Block der Tagung hatte das Thema „Der ökumenische Auftrag der Kirche. Doktrinelle und rechtliche Entwicklungen.“ Von kirchenrechtlicher Seite machte Prof. Dr. Andreas Kowatsch, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht und Religionsrecht an der Universität Wien, deutlich, dass die Ökumene im katholischen Kirchenrecht präsenter ist, als es die überschaubare Anzahl an Canones zur Ökumene im CIC/1983 vermuten lässt. Kraft göttlichen Rechts zur Ökumene verpflichtet sind alle Gläubigen. Prof. Kowatsch plädierte in diesem Kontext für die Ergänzung einer Norm zu Beginn von Liber II über das Verfassungsrecht der Kirche, die diesen Auftrag noch deutlicher hervorheben würde. Die Ankernorm der Ökumene, c. 755 CIC/1983, stellt den ökumenischen Auftrag in den Kontext der verkündigungsrechtlichen Leitnormen, während der Codex der katholischen Ostkirchen (CCEO) in gelungenerer Weise die ekklesiologische Bedeutung der Ökumene hervorhebt. Als Ausblick stellte Prof. Kowatsch die Frage, inwieweit es mit Blick auf gegenwärtige Debatten zur Synodalität möglich sein könnte, ökumenisch besetzte synodale Gremien rechtlich zu verankern. Aus dogmatischer Sicht referierte Prof. P. Dr. Bernhard Knorn SJ, Inhaber des Lehrstuhls für Dogmatik und Ökumenik an der Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen. Zu Beginn nahm er auf alle Christen als Trägerinnen und Träger des ökumenischen Verkündigungsauftrags Bezug. Um diesen Auftrag auszuführen, bedarf es laut Prof. Knorn einer ökumenischen Bildung durch das pastorale Personal, das entsprechend in der Ausbildung auf diese Aufgabe vorzubereiten sei. Zur entscheidenden Frage der Rolle des Papstes wies er auf einen Lösungsvorschlag hin, eine Einheit „cum Petro“, aber nicht „sub Petro“ anzustreben und den Fokus des Papstes in der Ökumene vom Jurisdiktionsprimat hin zur Rolle im Dienst an der Einheit der Kirche zu verschieben. Im Folgenden wies der Referent auf verschiedene Umbrüche in der Weise des ökumenischen Vorangehens hin. Zum einen sind die Dialogpartner immer weniger die konkreten Konfessionen, sondern vielmehr Dachorganisationen wie die EKD oder GEKE. Damit zusammenhängend beschreibt Prof. Knorn zum anderen eine Entwicklung in den ökumenischen Dialogen, die sich weniger mit konkreten theologischen Themen befassen, sondern ethische, soziale und kulturelle Fragestellungen in den Blick nehmen. Abschließend plädierte Prof. Knorn dafür, wieder die zentralen Themen der theologischen Lehrunterschiede im ökumenischen Dialog in den Blick zu nehmen. Auf dieser Grundlage könne das Ziel der ökumenischen Bewegung, die Einheit in versöhnter Verschiedenheit, erreicht werden.

Als erstes Thema des zweiten Tagungstages stand „Evangelisation als Dauerapostolat der Päpste – ein (un)erfüllter Anspruch in den deutschsprachigen Diözesen?“ auf dem Programm. Aus religionspädagogischer Perspektive beleuchtete Prof. Dr. Patrik Höring, Inhaber des Lehrstuhls für Religionspädagogik mit Katechetik an der Theologischen Fakultät Trier, diese Fragestellung. Ausgehend von Evangelii nuntiandi (1975) stellte er dar, dass im deutschsprachigen Raum aufgrund der Rezeption des Konzepts der „gesellschaftlichen Diakonie“ der Würzburger Synode das Konzept der „Evangelisierung“ verzögert rezipiert wurde und sich – insbesondere in den Amtszeiten von Johannes Paul II und Benedikt XVI. – Kritik ausgesetzt sah. Zwischenzeitlich hat sich nach mehr als 40 Jahren die Aufregung um den Begriff „Evangelisierung“ allerdings gelegt, was unter anderem an daran zu sehen ist, dass Weltjugendtage, Nightfever etc. ein selbstverständlicher Teil des kirchlichen Lebens geworden sind. Seit Anfang der 2000er Jahre tritt zudem der Missionsbegriff, der laut Prof. Höring in dieser Zeit eine Renaissance erlebte, neben die Evangelisierung. Dies liegt in einem gewandelten Missionsverständnis begründet, das Mission als respektvollen Dialog definiert und als Ziel nicht die Restauration, sondern einen Neuanfang hat. Mission sei als Dynamik hin zu den Menschen verstehen, während die Evangelisierung den Missionsbegriff inhaltlich konkretisiert. So trifft heute eine weitgehend ‚von oben‘ in Gang gesetzte Bewegung auf eine Vielzahl konvergierender lokaler Entwicklungen ‚von unten‘ (City-Pastoral, Jugendkirchen etc.). Prof. Höring zieht das Fazit, dass Evangelisierung (und Mission) nicht mit Verkirchlichung und Rekatholisierung verwechselt werden und nicht gegen (berechtigte) kirchenpolitische Anfragen ausgespielt werden dürfe. Prof. Dr. Matthias Pulte, Inhaber der Lehrstuhls für Kirchenrecht, kirchliche Rechtsgeschichte und Staatskirchenrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, hob zu Beginn seines Referats den Verpflichtungscharakter der Evangelisierung hervor, da diese in der DNA der Kirche liege. Ausgehend vom Dekret Ad Gentes des Zweiten Vatikanischen Konzils als hermeneutischer Schlüssel stellte Prof. Pulte die Normierung der Evangelisierung im geltenden Recht dar. Die Grundlage für die Pflicht zur Mission/Evangelisierung findet sich in c. 211 CIC/1983 im Katalog der Grundrechte- und Grundpflichten der Gläubigen und diese wird in Liber III über den Verkündigungsdienst der Kirche in den cc. 782-784 entsprechend der Zuständigkeiten ausgeführt. Im Folgenden stellte Prof. Pulte verschiedene kirchliche Verlautbarungen im Kontext von Evangelisierung und Mission (Päpstliche Dokumente, Dokumente der Römischen Kurie und Dokumente der Deutschen Bischöfe) und ihre rechtliche Bedeutung dar. Er schlussfolgert, dass der von den Päpsten weitgehend theologisch pointiert vorgetragene Primat der Evangelisierung aktuell kirchenrechtlich weitgehend unverbindlich bleibt. Kirchengeschichtlich sei dies nicht immer so gewesen (z.B. im Kontext des Lateinamerikakonzils von 1899). Prof. Pulte stellt klar, dass Evangelisierung nur dort gelingen könne, wo sie in die Kulturen der Völker eingebettet wird. Daher müsse ein katholisches Kirchenrecht der Zukunft die Diversität der Kulturen respektieren und – unbeschadet der Einheit in wesentlichen Glaubenssätzen – mehr auf Partikularität als Uniformität setzen. In der katholischen Kirche in Deutschland fehle es laut Prof. Pulte im Moment an einem verbindlichen Profil zur Evangelisierung. 

Im nächsten Duett referierte Prof. Dr. Thomas Meckel, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht, Religionsrecht und kirchliche Rechtsgeschichte an der Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen, über das Thema „Religionsunterricht heute für die Zukunft“. In einem ersten Schritt stellte er die religionsrechtliche Normierung des Religionsunterrichtes in Art. 7 Abs. 3 GG dar, dem als Verfassungserwartung die Konfessionalität zugrunde liegt. Der Religionsunterricht dient der Ermöglichung positiver Religionsfreiheit im Raum der öffentlichen Schule. Ausgehend von der gegenwärtigen Säkularisierung und Pluralisierung der Religionen und unter Berücksichtigung von Dokumenten der DBK stellte er diesbezüglich unterschiedliche Ansätze zur konfessionellen Kooperation im Bereich des Religionsunterrichts dar. Das katholische Gesetzbuch CIC/1983 unterscheidet Katechese und Religionsunterricht, der im Titel über die Katholische Erziehung im Kapitel über die Schulen in den cc. 804 und 805 CIC/1983 verortet ist. Der Religionsunterricht ist ein Mittel katholischer Erziehung und ein Mittel des kirchlichen Verkündigungsdienstes unter den Bedingungen des Ortes der Schule. .Prof. Meckel hebt hervor, dass der CIC/1983 zwar Bestimmungen über die Religionslehrerinnen und Religionslehrer vorsieht und stillschweigend von katholischen Schülerinnen und Schülern ausgeht, Schülerinnen und Schüler anderer Konfession oder Religion die Teilnahme aber nicht verbietet, was Möglichkeiten für konfessionelle Kooperation öffnet. D.h., dass das kirchliche Gesetzbuch die Konfessionalität des Religionsunterrichts von der katholischen Lehre und der katholischen Lehrkraft definiert. Die Konfessionalität des Religionsunterrichts ist demnach eine Erwartung sowohl der kirchlichen als auch der staatlichen Rechtsordnung. Frau Prof. Dr. Katja Boehme, Inhaberin des Lehrstuhls für Katholische Theologie/Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, sprach aus religionspädagogischer Perspektive über den Religionsunterricht heute für die Zukunft. Anhand eines Vergleichs zwischen den Anforderungen der Landesschülervertretung Rheinland-Pfalz, der DBK und EKD an den Religionsunterricht, stellte sie mögliche Kriterien für den Religionsunterricht vor. Wichtig sei, bei der Frage nach der Zukunft des Religionsunterrichtes die Sicht der Schülerinnen und Schüler miteinzubeziehen. Sie stellte im Ergebnis dar, dass die Anforderungen der Kirchen und Schülerinnen und Schüler teils große Übereinstimmungen vorweisen. Neben diesen Anforderungen sind auch Bildungspläne, die LehrerInnenausbildung und weitere Grundlagen, wie der Verkündigungsauftrag, zu berücksichtigen. Prof. Boehme stellte als ein Zukunftsmodell das Interreligiöses Begegnungslernen durch fächerkooperierenden Unterricht vor. Sie gab konkrete Einblicke in das Konzept, welches in den letzten Jahren bereits praktisch durchgeführt wurde – so könnte Religionsunterricht für alle in kooperierender Form möglich sein.

Zur Thematik „Katechese – Aktuelle Herausforderungen und Anforderungen“ referierten Prof. Dr. Stefan Altmeyer, Inhaber des Lehrstuhls für Religionspädagogik, Katechetik und Fachdidaktik Religion an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, und Prof. Dr. Christoph Ohly, Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie und Inhaber des dortigen Lehrstuhls für Kirchenrecht, Religionsrecht und kirchliche Rechtsgeschichte. Prof. Altmeyer stellte eine von ihm durchgeführten Studie „Visionen einer Katechese für 2025“ vor, deren Forschungsfragen waren, wie eine zukunftsfähige Katechese aussehe und was ihre wichtigsten Merkmale seien. Im Rahmen der Studie waren dabei vier Grundtöne zur zukunftsfähigen Katechese erkennbar: Katechese müsse erstens individuell begleiten, sie müsse zweitens Raum für Erfahrungen bieten, sie müsse drittens der Weitergabe des Glaubens dienen und dabei viertens alltagsnah sein. Auch die „Krise der Katechese“ wurde von den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern gesehen: Diese zeige sich vor allem in kirchlichen Veränderungen bzw. Ressourcenknappheit und religionssoziologischen Veränderungen, aber auch an den hohen Anforderungen an Katechetinnen und Katecheten und dem zuweilen konfliktiven Verhältnis zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Prof. Altmeyer betonte, dass diese Krisensymptome als Chance gesehen werden müssen, die Katechese zukunftsfähig aufzustellen: Dies kann gelingen, wenn sie als Entwicklungsprozess (biografisch, befähigend, ganzheitlich) gesehen werde, die sich lernenden Subjekten widmet (offen, dialogisch, beziehungsorientiert) und sich der Sache verständlich, elementar und realistisch widme. Prof. Ohly unterschied zu Beginn seines Referats zwei Dimensionen von Katechese: Im weiten Sinn meint Katechese den Katechumenat als Vorbereitungszeit auf den Empfang der Initiationssakramente, im engeren Sinne ist damit die Glaubensunterweisung von Gläubigen in lehrmäßiger, eher systematischer Darlegung der Glaubenslehren im Auftrag der zuständigen kirchlichen Autorität gemeint, verbunden mit dem Bemühen um Einübung in das christliche Leben. Verantwortlich für die verfassungsrechtlich begründete Organisation der Katechese ist gemäß c. 775 CIC/1983 der Apostolische Stuhl, die Diözesanbischöfe und die Bischofskonferenz, wobei gemäß c. 774 § 1 CIC/1983 alle Glieder der Kirche zur Sorge um die Katechese verpflichtet sind, und zwar pro sua cuiusque parte (alle Christgläubigen, insb. Eltern und Paten, Katechetinnen und Katecheten und alle Amtsträgerinnen und Amtsträger). Eine besondere Verpflichtung kommt in diesem Kontext gem. c. 773 CIC/1983 allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern zu, wobei der Diözesanbischof als Erstverantwortlicher der Erstkatechet in seiner Diözese ist. Die rechtliche Normierung stellt hierbei den Rahmen dar, der durch methodische Vielfalt ausgefüllt werden muss. Dies zeigt sich an den vielfältigen konkreten Formen der Katechese (z.B. Sakramentenkatechese, Kinderkatechese, mystagogische Katechesen, Katechesen für spezifische Personen oder Situationen). Gelungene Katechese zeichne sich laut Prof. Ohly aus sowohl durch eine inhaltliche als auch eine personelle Schwerpunktsetzung. Inhaltlich müsse die Ganzheitlichkeit der Katechese im Zentrum stehen, die sich aus der Christus-Zentriertheit und seinem Geheimnis speist (vgl. c. 760 CIC/1983). Dabei seien Katechismen ein geeignetes Mittel, um der Gefahr einer Fragmentierung und Atomisierung vorzubeugen. Als Beispiel für die personelle Konzentration nennt Prof. Ohly den durch das Motu Proprio Antiquum ministerium eingeführten Dienst des Katecheten in Differenzierung zum Katechist. Dieser könne eine zentrale Rolle für die Katechese in Diözesen, Pfarreien und geistlichen Gemeinschaften spielen.

Prof. Dr. Rüdiger Althaus, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht an der Theologischen Fakultät Paderborn, referierte zu den „Entwicklungen zum Predigtdienst. Universalkirchlicher Rahmen – teilkirchliche Ausfüllungen“. Zu Beginn stellte er dar, dass die Predigt das Wort Gottes verkündigen soll. Allein diese Aussage sei historisch unterschiedlich gedeutet worden und auch im Hinblick auf die Person, die den Predigtdienst vornimmt, ermöglichte sie ebenfalls unterschiedliche Sichtweisen.. So äußerte sich das II. Vatikanische Konzil zwar zum Sendungsauftrag von Laien, aber weder zu Art noch Umfang der Laienpredigt. Die Homilie gilt hierbei als wesentlicher Teil der Liturgie (SC Art. 52). In der geltenden Rechtslagearbeitete Prof. Althaus einige dogmatische, rechtliche und pastorale Anfragen an die Homilie heraus. So steht sie einerseits zwischen den strengen Vorgaben zur Untrennbarkeit von Wortgottesdienst und Eucharistie und andererseits der Mitverantwortung von Laien für den Verkündigungsauftrag.

Ein weiteres Themenfeld der Tagung war die Frage des Verhältnisses von kirchlichem Gehorsam und Wissenschaftsfreiheit. Prof. Dr. Martin Rehak, Inhaber der Lehrstuhls für Kirchenrecht, insbesondere Verwaltungsrecht und kirchliche Rechtsgeschichte an der LMU München, und Prof. Dr. Ansgar Hense, Direktor des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands, referierten zur Themenstellung „Kirchlicher Gehorsam und Freiheit der Wissenschaft“. Prof. Rehak stellte ausgehend vom Muttercanon c. 218 CIC/1983 der theologischen Wissenschaftsfreiheit die Entwicklung des Begriffs „Gehorsam“ dar. Dabei unterschied er die Ebenen des disziplinären Gehorsams, des Glaubensgehorsams und des Gehorsams gegenüber dem Lehramt und führte diese jeweils näher aus. Reglementiert wird die theologische Wissenschaftsfreiheit insbesondere durch die c. 218 CIC/1983 inhärenten Schranken („iusta libertas“ und „debitum erga Ecclesiae magisterium obsequium“). Prof. Rehak zieht abschließend das Fazit, dass c. 218 CIC/1983 als Bekenntnis zur Freiheit der Theologie als Wissenschaft zu verstehen ist, die nicht schrankenlos gelte. Theologie und Lehramt sollten dabei einander ergänzen und dürften nicht im Gegensatz zueinander stehen. Aus religionsrechtlicher bzw. verfassungsrechtlicher Perspektive hob Prof. Hense zu Beginn seines Referats hervor, dass die koexistierenden kirchlichen und staatlichen Rechtsordnungen unterschiedliche Prämissen haben, wobei aus staatlicher Sicht die Wahrheitsfrage ausgeklammert sei. Bei der Frage des Verhältnisses von Wissenschaftsfreiheit und Gehorsam seien drei Ebenen zu unterscheiden: Auf der Mikroebene der individuelle Wissenschaftler (einschlägig hier ist das Beamtenrecht), auf der Mesoebene die Organisationsstruktur an den einzelnen Hochschulen und auf der Makroebene die Theologie als Wissenschaft, wobei die Wissenschaftlichkeit der Theologie unstrittig ist. Die Autonomie der einzelnen Hochschullehrer sei prinzipiell staatlichem Eingriff entzogen, sodass jeder Eingriff rechtsfertigungsbedürftig ist. Dabei plädierte Prof. Hense für eine konkordante Zuordnung der beiden Rechtsbereiche. Dieses Ausbalancieren sei notwendig, da die Theologie nicht voraussetzungslos ist, sondern eine Glaubensgrundlage hat, denn sonst wäre sie Religionswissenschaft. Verfassungsrechtlich ist die Eigengesetzlichkeit der Theologie im kirchlichen Selbstbestimmungsrecht verankert. Zugleich bedeute dies keinen verfassungsrechtlichen Blankoscheck – die Aufgabe des Staates liege hierbei in einer Plausibilitätsprüfung, um praktische Konkordanz zwischen den Rechtsbereichen herzustellen.

Zum Abschluss der Hirschbergtagung sprachen Prof. Dr. Rafael Rieger OfM, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht und kirchliche Rechtsgeschichte an der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt  und Dr. Antonius Hamers, Leiter des Katholischen Büros NRW, zum Thema Hochschulrecht und Hochschulwirklichkeit – zwei Welten? Prof. Rieger referierte über die Akkreditierung katholisch-theologischer Studiengänge in Deutschland. So wurden im Zuge des Bologna-Prozesses auch die theologischen Studiengänge akkreditierungspflichtig und in diesem Zuge 2008 AKAST e.V. (Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung kanonischer Studiengänge) gegründet. Diese dient als externes Instrument zur Qualitätssicherung der Studiengänge. Die gegenwärtige Rechtslage beschreibt Prof. Rieger als Beispiel der Umsetzung Subsidiarität und Synodalität und die Gründung von AKAST e.V. als gelungenes Beispiel des Zusammenwirkens von Theologie und Praxis. Dr. Antonius Hamers stellte die hochschulrechtliche Praxis in NRW und ihren staatskirchenrechtlichen Hintergrund vor. Die katholisch-theologische Hochschullandschaft in NRW ist breit gefächert, so gibt es zahlreiche Fakultäten, kirchliche Hochschulen und Institute sowie die KatHO, die katholische Religion als Studienfach anbieten. Der rechtliche Rahmen ergibt sich durch die Landesverfassung von 1950, die kirchen- und religionsfreundlich ist. Dr. Hamers erläuterte außerdem geltende Konkordate und das Landeshochschulrecht und ihren Einfluss auf die theologische Hochschullandschaft in NRW.

Die zahlreichen Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Hirschbergtagung aus dem Bereich der kirchenrechtlichen Wissenschaft und Praxis sowie Studierende aus verschiedenen Fakultäten trugen zu engagierten Diskussionen im Anschluss an die Referate bei. Die Leitung der Tagung lag in den Händen von Prof. Dr. Thomas Meckel und Prof. Dr. Matthias Pulte und die Veranstaltung wurde durch den Verein Sacrae Disciplinae Leges e.V. getragen. Moderiert wurden die Vorträge von Julia Adams (Mainz), Vincent Jünger (Frankfurt) und Dr. Lukas Brechtel (München). Die Publikation der Tagungsergebnisse erfolgt in Form eines Tagungsbandes in der Reihe Kirchen- und Religionsrecht (KRR) im Aschendorff-Verlag. Die nächste Hirschberger Kirchenrechtstagung wird vom 21.-23. September 2026 stattfinden.

Prof. Meckel zum Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Kirchenrecht gewählt

 Prof. Dr. Thomas Meckel wurde in der im Rahmen der Hirschberger Kirchenrechtstagung stattfindenden Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Fachvertreterinnen und Fachvertreter Kirchenrecht (AGKR) am 23. September 2024 zum Sprecher der AGKR gewählt. Der Arbeitsgemeinschaft Kirchenrecht gehören alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an, die das Fach Kirchenrecht in Forschung und Lehre an Katholisch-Theologischen Fakultäten und anderen wissenschaftlich katholisch-theologischen Hochschuleinrichtungen im Bereich der Deutschen, Österreichischen oder Schweizer Bischofskonferenz sowie in Brixen selbstständig vertreten.

 
 
Sankt Georgener Abendgespräche am 15. Mai 2024: „Religionsförderung im säkularen Staat?“

Am 15. Mai fand das zweite Sankt Georgener Abendgespräch im Sommersemester 2024 statt. Zum Thema „Religionsförderung im säkularen Staat?“ diskutierten, moderiert von Prof. Dr. Thomas Meckel, Prof. Dr. Michael Droege aus Tübingen, der Generalvikar des Bistums Limburg Dr. Wolfgang Pax (Limburg), der stellvertretende Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Kultus und Chancen des Landes Hessen Tobias Petry sowie der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Hessen RA Daniel Neumann.

Den ausführlichen Bericht zur Veranstaltungen soweit weitere Bilder finden hier.

 

 

"Stadt der Gnade - Stadt des Rechts"
Exkursionsseminar nach Rom
 

Kurz vor Anbruch der Karwoche reiste eine Exkursionsgruppe Sankt Georgener Studierender von 17. bis 22. März 2024 nach Rom. In Verantwortung von Prof. Dr. Thomas Meckel, Institut für theologische Begründung des Kirchenrechts, kirchliche Rechtsgeschichte und Religionsrecht, und Prof. Dr. Andreas Bieringer, Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft, Hymnologie und christliche Kunst, konnten 15 Studierende verschiedener Semester Rom in kirchenrechtlicher und liturgiewissenschaftlicher Perspektive erkunden und (neu) kennenlernen.

Den ausführlichen Bericht finden Sie hier.

 
 
Hirschberger Kirchenrechtstagung 2024
Verkündigungsauftrag der Kirche in pluraler und säkularer Umwelt
23.09.-25.09.2024

 

Der Mainzer Lehrstuhl für Kirchenrecht und das Frankfurter Institut für theologische Begründung des Kirchenrechts, kirchliche Rechtsgeschichte und Religionsrecht laden Sie herzlich zur Kirchenrechtlichen Tagung auf Schloss Hirschberg ein, die sich vom 23.09.-25.09.2024 dem Thema „Verkündigungsauftrag der Kirche in pluraler und säkularer Umwelt“ widmet.

Die Verkündigung des Evangeliums in allen ihren Dimensionen und Vollzügen als wesentliche Aufgabe herauszustellen und ihre Förderung allen Gläubigen und kirchlichen Verantwortungsträgern ans Herz zu legen, ist ein zentrales Anliegen Papst Franziskus, das auch die deutschen Bischöfe auf unterschiedliche Weise in aktuelle Prozesse in ihren Bistümern und auf nationaler Ebene eingebracht haben. Die diesjährige Tagung nimmt die Kernaufgaben der Verkündigung nicht nur aus kirchenrechtlicher Perspektive in den Blick. Im Dialog mit anderen Disziplinen geht es um einen pluralen Ansatz zu den Möglichkeiten und Grenzen der kirchlichen Verkündigung und die Entwicklung von Vorschlägen de lege ferenda. Hierzu sind grundlegende Themen wie die Religionsfreiheit, der ökumenische Auftrag der Kirche und die Evangelisation, in aktueller Perspektive zu beleuchten. Mit Religionsunterricht, Katechese, Predigtdienst und Hochschulrecht sind ebenso konkrete Tätigkeitsfelder der kirchlichen Verkündigung mit ihren gegenwärtigen Herausforderungen im Blick. Gerade dort bedarf es neuer Gestaltungs- und Handlungsoptionen, die im interdisziplinären Dialog herausgearbeitet werden.

Eine Anmeldung zum zugehörigen Hauptseminar M15 / M23 (2st. / 4 LP) im SoSe 2024 ist bitte bis zum 30.04.2024 per E-Mail an Herrn Prof. Meckel (meckel(at)sankt-georgen.de) zu richten.

Hier können Sie einen Blick in das Tagungsprogramm werfen.

Melden Sie sich bei Interesse bis zum 15.06.2024 postalisch (Anmeldeformlar) oder online an.

Hier finden Sie weitere Informationen zur Hirschberger Kirchenrechtstagung.

 

 
 

 

Kirchen und Religionsrecht Bd. 36, Münster 2023
ISBN 978-3-402-23750-2
pdf Ebook | ISBN 978-3-402-23751-9

Seit dem 8. Dezember 2021 steht das neu geordnete kanonische Strafrecht des CIC/1983 in Kraft. Die seitdem diskutierten Neuerungen liegen unter anderem im Bereich der kirchlichen Delikte, wobei insbesondere Straftaten sexuellen Missbrauchs und Vergehen im Bereich der Vermögensverwaltung reformiert wurden. In mancherlei Hinsicht bringt das neue Strafrecht Klarheit und Verbesserungen. In anderen Bereichen bleibt es doch bei interpretationsbedürftigen Rechtsbegriffen und konzeptionellen Anfragen. Die Vorträge der Hirschbergtagung 2022 in diesem Band sowie weitere Untersuchungen zu strafrechtlichen Aspekten wollen erste Interpretationsansätze zur Debatte stellen und damit einen Beitrag zu einer vertieften Theorie des kirchlichen Strafrechts und seiner praktischen Anwendung in der Rechtsprechung leisten.