Thomas von Aquin trifft Luther und Ignatius - Bischof Gerber und Volker Leppin auf der Thomas Akademie

Die Eucharistiefeier anlässlich der Akademie zu Ehren des hl. Thomas von Aquin am 15. Juni 2021, der der Bischof von Fulda, Dr. Michael Gerber, gemeinsam mit dem Limburger Weihbischof Dr. Thomas Löhr und Provinzial P. Bernhard Bürgler SJ vorstand, fand pandemiebedingt mit 60 geladenen Gästen im Foyer der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen statt.


Bischof Gerber betonte in der Homilie in Rekurs auf Thomas von Aquin die Notwendigkeit der Kritikfähigkeit gegenüber der eigenen Hermeneutik. Mit drei an Ignatius von Loyola angelehnten Impulsen legte er dar, dass es zur Erlangung eines gemeinsamen Konsenses fundamental sei, die Meinung des Gegenübers sowohl zu verstehen als auch zu hinterfragen. In diesem Sinne solle in der Katholischen Kirche nach dem „magis“ gesucht werden, das dem Sendungsauftrag der Kirche bestmöglich dient. Die Hochschule Sankt Georgen sei ein Ort, an dem Theologinnen und Theologen ausgebildet werden, die nach diesem „magis“ fragen.

Zur akademischen Feier begrüßte Prof. Dr. Thomas Meckel als Rektor der Hochschule insbesondere die Gäste aus dem Bistum Limburg, darunter Weihbischof Dr. Thomas Löhr und Generalvikar Wolfgang Rösch und Gäste aus dem Bistum Fulda sowie den Provinzial P. Bernhard Bürgler SJ, den Delegaten für Schulen und Hochschulen P. Dr. Rutishauser SJ und den Festredner des Abends, Prof. Dr. Volker Leppin. Bei einem Blick von oben auf Sankt Georgen wird schon am architektonischen Ineinander der Gebäude und damit auch der verschiedenen Institutionen die Vernetzung und Verzahnung sichtbar, die Sankt Georgen prägt.

Auf dem Campus sind neben der Philosophisch-Theologischen Hochschule das überdiözesane Priesterseminar, die Kommunität der Jesuiten, das Institut für Weltkirche und Mission der Deutschen Bischofskonferenz (IWM) und die Zukunftswerkstatt SJ sowie CIBEDO, die Christlich-Islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz, verortet. Zudem hat die Deutsche Bischofskonferenz in diesem Frühjahr das Zentrum für Berufungspastoral (ZfB) von Freiburg nach Sankt Georgen verlegt. Interkulturalität, Interreligiösität, Internationalität, Weltkirchlichkeit und die ignatianische Spiritualität sind Profilbausteine, die die Kooperation der Institutionen verdeutlichen. Spirituelle Praxis und intellektuelle Reflexion bzw. Durchdringung des Glaubens gehen miteinander einher. Für die Hochschule zeigt sich dies exemplarisch am Eingang des Lehrgebäudes in ihrem Leitwort: pietati et scientiae. Der Blick aus der Vogelperspektive zeigt die vernetzte Struktur der Institutionen Sankt Georgens, die wiederum lokal, national als auch international vernetzt sind. So bietet die Hochschule Sankt Georgen in Kooperation mit dem Fachbereich Katholische Theologie der Goethe-Universität ab kommendem Wintersemester einen gemeinsamen dualen Masterstudiengang „Sozialethik im Gesundheitswesen“ an, der die Studierenden auf die beiden Hochschulcampus von Frankfurt führt.

Nach der Begrüßung hielten Provinzial P. Bernhard Bürgler SJ und der Vorsitzende des AStA Christian Jager zwei kurze Grußworte. Provinzial P. Bürgler betonte, bezugnehmend auf Thomas von Aquin, dass für das Studium der Theologie Orte wie Sankt Georgen benötigt werden, an denen die Forschung stark ist und an denen gleichzeitig eine Verbindung zum Leben aus dem Geist und für die Kirche besteht, die auch in der Lehre erfahrbar wird. Entscheidend für eine Theologie in der heutigen Zeit seien insbesondere eine ökumenische und interreligiöse Ausrichtung, eine Prägung durch Interkulturalität und Internationalität und der Einsatz für eine synodale Kirche, in der die theologische Reflexion und die geistliche Unterscheidung eine entscheidende Rolle spielen. Diese Elemente, die das Profil Sankt Georgens prägen, können laut P. Bürgler nur wenige andere Fakultäten bieten.

Daraufhin folgte der Festvortrag „Thomas von Aquin – Anstoß und Anstöße für das evangelische Gedächtnis“ von Prof. Dr. Volker Leppin. Der Professor für Kirchengeschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen setzte sich mit der Frage auseinander, wie ein Zugang geschaffen werden kann, sowohl die Theologie von Martin Luther, die er genauer als Differenzhermeneutik darstellte, als auch die Theologie von Thomas von Aquin, die er als exemplarische Harmoniehermeneutik bezeichnete, miteinander zu versöhnen. Der lebendige Vortrag begeisterte die anwesenden Gäste und ermöglichte einen Einblick in die Rezeption des Aquinaten von evangelischer Seite.

Der festliche Abend, musikalisch gerahmt durch Gitarrenspiel von Rafael Sampaio, wurde mit einem Empfang auf der Plaza vor der Hochschule abgerundet.

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