In diesem Jahr 2025 begehen die Kirchen das 1700. Jubiläum des Konzils von Nizäa im Jahre 325. Das Alois-Kardinal-Grillmeier-Institut eröffnete dieses Jubiläumsjahr mit einer gut besuchten Tagung zur Rezeption dieses Konzils.
Im Verlauf der Tagung „1700 Jahre Konzil von Nizäa: Vom Ereignis zur Rezeption“ (9.–11. Januar 2025) haben Referenten immer wieder auf den Namensgeber des Instituts Bezug genommen, hat Alois Grillmeier SJ doch mit seinem großen Werk „Jesus der Christus im Glauben der Kirche“ maßgeblich zur Erforschung der Christologie dieses Konzils beigetragen.
Die Synode von 325 gilt als das erste Ökumenische Konzil. Was aber macht ein Konzil zu einem Konzil? Worin gründet seine für den Glauben der Kirche normative Bedeutung? Die Leitfragen wurde auf der Tagung aus historischer und theologisch-systematischer Perspektive erörtert. Auch einige Studierende der Hochschule nahmen an ihr teil, denn die Tagung war eingebunden in ein dogmatisches Hauptseminar. Aufgrund dieser Vorbereitung konnten sich die Studierenden aktiv in den lebhaften Debatten der Tagung beteiligen, und sie werden diese im weiteren Verlauf des Wintersemesters auswerten.
Der die Tagung einleitende Vortrag des Passauer Dogmatikers Markus Weißer bestach durch die These, dass die Rezeption von Konzilsentscheiden durch das Kriterium bestimmt sei, inwieweit die dogmatischen Festlegungen der biblisch begründeten Heilshoffnung entsprechen. Gerade die Strittigkeit der in Nizäa als verbindlich verabschiedeten, aber keineswegs danach widerspruchsfrei rezipierten Glaubensformel sei ein Beispiel für die Vielschichtigkeit von Rezeptionsprozessen.
Bemühungen, Rezeptionsprozesse zu vereindeutigen, hat es in der Kirchen- und Theologiegeschichte immer gegeben. Der Bonner Kirchengeschichtler Wolfram Kinzig zeichnete dies an der Rezeption von Kanon 7 des Konzils von Ephesus nach, der im Jahr 431 das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel als für die Kirche künftig verbindlich vorschreibt. Doch was Verbindlichkeit genau bedeutete, wurde unterschiedlich verstanden – dies zeigen die divergierenden Textüberlieferungen des Glaubensbekenntnisses.
Überhaupt gab es in der Rückschau auf das Konzil sehr unterschiedliche Vorstellungen von dessen Verlauf. Insbesondere das Verhältnis zwischen Kaiser Konstantin und den Bischöfen wurde von den spätantiken Kirchenhistorikern je nach ihrer eigenen kirchenpolitischen Ausrichtung sehr unterschiedlich dargestellt, so der Frankfurter Historiker Hartmut Leppin. Dass das machtvolle Fortwirken des Arianismus im Westen des Römischen Reiches zu teils verdeckten Bezugnahmen auf das Konzil von Nizäa Anlass gegeben hat, zeigte der Sankt Georgener Patristiker Johannes Arnold anhand von Lebensbeschreibungen des Heiligen Martin von Tours.
Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel verbindet auch jene christlichen Kirchen miteinander, die späteren Konzilien nicht zu folgen bereit sind. Mit Blick auf neuere Ansätze orthodoxer Theologie wurde dieses Perspektive von der Berner Professorin Georgiana Huian in die Tagung eingebracht. Drei Sankt Georgener Dogmatiker lenkten den Blick auf neuere evangelische und katholische Theologien: Bernhard Knorn stellte den umstrittenen Stellenwert altkirchlicher Symbola in verschiedenen theologischen Ansätzen vor. Abschließend untersuchten Dirk Ansorge und Paul Schroffner Versuche des evangelischen Theologen Friedrich Schleiermacher und des Jesuiten Roger Haight, die Christologie von Nizäa unter den Verstehensbedingungen der Moderne bzw. Postmoderne zu erschließen.
Mit ihrem thematischen Schwerpunkt auf den Rezeptionsbedingungen eines Konzils führte die Tagung historische und systematische Perspektiven in einer überaus erhellenden Weise zusammen. Dies zeigte nicht zuletzt der öffentliche Abendvortrag, in dessen Rahmen der Pariser Jesuit Christoph Theobald systematische Überlegungen zur weiterhin umstrittenen Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils vortrug. Theobald schlug vor, den von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2005 gezeichneten Gegensatz zwischen einer „Hermeneutik des Bruchs“ und einer „Hermeneutik der Reform“ durch eine Spiritualität des Hörens zu überwinden, wie sie auch bei der Synode über Synodalität geübt wurde.
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Tagung ist eine Veröffentlichung der Beiträge geplant.
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