Kooperative Leitungsformen und Spiritualität der Leitungspersonen - Drittes Theologisches Abendgespräch des Sommersemesters 2023

Am Mittwoch, dem 31. Mai lud die Hochschule Sankt Georgen zum dritten Theologischen Abendgespräch zum Thema „Kooperative Leitungsformen und Spiritualität der Leitungspersonen“. Als Diskussionsgäste kamen die Generaloberin der Franziskanerinnen von Sießen Schwester M. Karin Berger OSF und der Mainzer Bischof Dr. Peter Kohlgraf, die Moderation des Abends hatte Dr. Niccolo Steiner SJ.

In den beiden Eröffnungsstatements berichteten die Generaloberin und der Bischof zunächst über ihre Wahrnehmung und Erfahrungen von kooperativen Leitungsformen und etwaig dahinterstehenden Spiritualitäten sowie über die Spiritualitäten von Leitungspersonen.

Sr. Karin begann ihr Statement mit einem Blick auf Franziskus und seine Leitungserfahrungen und berichtete in Anschluss daran, wie diese franziskanischen Wurzeln ihrer Gemeinschaft auch heute noch in Bezug auf Leitungsformen hin gelebt werden und inwiefern diese auch etwas zum Synodalen Weg und der Erneuerung der Kirche beitragen können. Dafür machte sie das franziskanische Bild einer geschwisterlichen Gemeinschaft stark, in der Gleichgesinnte zusammenleben und einander freiwillige dienen und gehorchen. Dazu sei es wichtig, jeden einzelnen Bruder und jede einzelne Schwester zu sehen und zu hören, da sie alle am Charisma Anteil haben und der Geist Gottes durch jede und jeden von ihnen spricht. Nichtsdestotrotz brauche es auch aus franziskanischer Sicht eine Ordensleitung, die selbst in der Praxis des freiwilligen Dienens und Gehorchens verwurzelt sein muss und auf eine begrenzte Zeit gewählt wird. Im Weiteren betonte Sr. Karin die Wichtigkeit des Kapitels, eines jährlich stattfindenden gemeinsamen Treffens zum gemeinsamen Austausch über den weiteren Weg der Gemeinschaft. Besonders die achtsame, gehorsame und dienende Grundhaltung, die Erfahrung, dass begrenzte Amtszeiten möglich und sinnvoll sind, und die Erfahrung, dass synodale Prozesse Zeit und Geduld bedürfen, können laut Sr. Karin wichtige Impulse für den Synodalen Weg und seine Umsetzung sein.

Der Mainzer Bischof Dr. Peter Kohlgraf begann seinen Impuls mit einer kritischen Betrachtung des Wortes „Synodalität“, dashäufig verwendet wird, ohne dass eine gemeinsame Grundhermeneutik vorliegt. In Bezug auf das Bischofsamt betonte er, dass nicht allein die apostolische Sukzession entscheidend sei, sondern auch beachtet werden müsse, dass das Bischofsamt sich aus einer Gemeinschaft heraus entwickelt habe und als Dienst innerhalb einer Gemeinschaft zu verstehen sei. Er verwies im Kontext von Synodalität auch auf den Satz Cyprian von Karthagos: „Nichts ohne den Bischof, nichts ohne den Rat der Ältesten (Priester), nichts ohne die Zustimmung des Volkes.“ (ep. 14,4). In Bezug auf das spirituelle Verständnis seines Bischofsamtes erklärte Bischof Kohlgraf, dass für ihn wichtig ist, alle Gläubigen als geistbegabte Menschen zu sehen und wahrzunehmen. Daraus folgt die Notwendigkeit, in die Begabungen der Gläubigen zu vertrauen und den Mut zu haben, Formen gemeinsamer Leitung in der Kirche zu verankern, die keineswegs die Autorität des Bischofsamts infrage stellen, sondern im Gegenteil den Bischof durch Beratungen stärken. Im Weiteren sprach der Mainzer Bischof von dem einprägsamen biblischen Bild der Kirche als Leib Christi, dessen Haupt nicht der Bischof ist, sondern Christus selbst, dessen Geist in allen Gläubigen wirkt. So muss ein Bischof einerseits Verantwortung abgeben und in die Geistbegabung seiner Gläubigen vertrauen, andererseits auch Verantwortung wahrnehmen, denn als Bischof ist und bleibt er Letztverantwortlicher. In diesem Zusammenhang berichtete Bischof Kohlgraf von erfreulichen Entwicklungen in Bezug auf ein mittlerweile etabliertes Mehraugenprinzip im Personal- und Finanzwesen. In Bezug auf die Verantwortungsübernahme durch Ehrenamtliche wendet Bischof Kohlgraf jedoch ein, dass die Taufe allein nicht kompetent mache und es immer auch entsprechende Finanz-, Personal- und theologische Kompetenzen brauche, um Verantwortung übernehmen zu können.

Nach diesen ersten Statements wurde in einem offenen Dialog – zunächst zwischen den beiden Gästen, dann auch mit dem Auditorium – versucht, Gemeinsamkeiten und Unterschiede auszuleuchten. Es wurde über angemessene und umsetzbare kooperative Leitungsformen und die damit verbundene Notwendigkeit von Geduld, sowie über spirituelle Haltungen der Leitungspersonen gesprochen und diskutiert.

Die Gesprächsreihe zum Synodalen Weg wird fortgesetzt am 28. Juni mit dem Thema „Frauen in kirchlichen Leitungsämtern Perspektiven nach dem Synodalen Weg“. Zu Gast sind Prof.in Dr.in Dr.in h.c. Margit Eckholt (Osnabrück) und Prof. Dr. Helmut Hoping (Freiburg/Br.). Die Abendgespräche finden in Präsenz mit Online-Übertragung statt. Weitere Informationen zu den Abendgesprächen finden Sie auf unserer Homepage.

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