Tagung „Glaube zwischen Dogma und Erfahrung“ erfolgreich durchgeführt

Auf seiner ersten größeren Konferenz stellte das Grillmeier-Institut vom 8. bis 10. Oktober 2020 seine Arbeitsbereiche vor und brachte die Institutsmitglieder mit Fachkollegen, Studierenden und einem interessierten Publikum ins Gespräch.

„Die Dogmatik an die göttliche Offenbarung zurückbinden und sie zugleich mit Erfahrung erden – das müssen wir versuchen und damit ein Gleichgewicht herstellen.“ So brachte ein Student seine Einsicht auf den Punkt, die er auf der Konferenz des Instituts gewann. Die Tagung zum Thema „Glaube zwischen Dogma und Erfahrung“ fand an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen statt (vgl. Programm).

Der Bereich Dogmengeschichte machte mit einem Referat von Thomas Böhm aus Freiburg den Auftakt. Böhm setzte sich mit Grillmeiers Deutung des arianischen Streits und des Konzils von Nizäa auseinander und knüpfte so an den Namensgeber des Instituts an. Die systematische Frage im Hintergrund war die nach der Normativität der Dogmengeschichte, die am Abschlusstag noch einmal in zwei Vorträgen aufgegriffen wurde: Bernhard Knorn sprach zur Rezeption und Deutung von Melchor Canos Loci theologici, und das Abschlussreferat von Hans-Joachim Höhn (Köln) diskutierte die Bedeutung des Glaubenssinns der Gläubigen im Zeitalter der Authentizität.

Der mittlere Tag war den Arbeitsbereichen interreligiöser Dialog und Ökumene gewidmet, wobei die Referate jeweils dialogisch angelegt waren. Sie stellten vor, wie das spannungsvolle Verhältnis von Textualität des tradierten Wortes einerseits und individueller bzw. kollektiver Erfahrung andererseits im jüdischen Chassidismus (Susanne Talabardon/Bamberg), in der islamischen Koranexegese (Ömer Özsoy/Univ. Frankfurt) und im Zen-Buddhismus (Karsten Schmidt/Univ. Frankfurt) denkend konzipiert und glaubenspraktisch gelebt wird.

Die Mitglieder des Grillmeier-Instituts Dirk Ansorge, Tobias Specker und Alexander Löffler eröffneten mit Antworten aus christlicher Sicht jeweils das Gespräch mit den Referenten und dem Publikum. Die evangelisch-katholische ökumenische Auseinandersetzung regten Peter Zimmerling (Leipzig) und Klaus Vechtel an, indem sie in ihren Beiträgen das Verhältnis von fides quae und fides qua, von Schrift, Lehr- und Bekenntnistexten, Vorbildern im Glauben und persönlicher Glaubenserfahrung reflektierten.

Trotz der Coronavirus-Pandemie konnte die Tagung erfolgreich mit fast 40 Teilnehmern in physischer Präsenz durchgeführt werden. Ein zunächst geplanter öffentlicher Abendvortrag mit großem Publikum war freilich nicht möglich, und auch die geselligen Teile der Konferenz mussten auf ein Minimum begrenzt werden. Bei den logistischen Aufgaben und bei der Video-Übertragung eines Vortrags mit Diskussion unterstützten mehrere studentische Hilfskräfte die Veranstalter tatkräftig.

Nicht nur sie, sondern auch die 11 Teilnehmer/innen eines die Tagung begleitenden Blockseminars nahmen interessiert an der Veranstaltung teil. Einer von ihnen meinte voll Staunen, er habe nun entdeckt, „wie viel die Dogmatik mit Erfahrung zu tun hat und wie sehr das Dogma dadurch kontextuell geprägt ist.“ Eine Kommilitonin bestätigte dies und nahm für ihre spätere berufliche Praxis mit, „wie wichtig Zeugen im Glauben sind, die von ihrem Weg der Auseinandersetzung mit der Lehre erzählen.“

Ein in Vorbereitung befindlicher Band in der Reihe „Frankfurter Theologische Studien“ wird die Tagungsbeiträge dokumentieren.

Bernhard Knorn SJ

 

Aktualisierung: Der Tagungsband ist erschienen!

Dirk Ansorge/​Bernhard Knorn (Hg.), Zwischen Dogma und Erfahrung. Erkundungen zum Grund des Glaubens (FTS 80), Münster: Aschendorff 2021.

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