Michael Rasche: Das Phänomen des Tragischen und die tragische Dimension des Christentums

Viele Elemente der griechischen Tragödie sind im Christentum präsent. Dieses Gemeinsame ist nicht das Ergebnis einer direkten literarischen Abhängigkeit, sondern verdankt sich einer bestimmten geistigen Struktur, die den Tragödien zu Grunde liegt und die auch im Christentum nachweisbar ist. Max Scheler hat diese Struktur das „Phänomen des Tragischen“ genannt. Die Tragödien sind kunstvoller Ausdruck dieses Phänomens und können helfen, eine wichtige Dimension der christlichen Botschaft schärfer zu fassen: das Geschehen von Heil angesichts des Unheils. Die Darstellung dieses geistigen Grundes der Tragödien und sein Nachweis im Christentum machen deutlich, inwiefern das Christentum das Tragische zwar überwinden muss, wenn es Heilsbotschaft sein will, aber gleichzeitig an seinen tragischen Grund gebunden bleibt.


Many elements of Greek tragedy are present in Christianity. This joint is not the result of a direct literary dependence, but is owed to a certain mental structure that is based on the tragedies and is also verifiable in Christianity. Max Scheler has called this structure the "phenomenon of the tragic". The tragedies are artful expressions of this phenomenon and can help to grasp more precisely an important dimension of the Christian message: the occurrence of salvation in the face of misery. The exposition of this spiritual ground of tragedies and his evidence in Christianity make clear that the Christianity as gospel has to overcome the tragic, but concurrently remains bound to its tragic reason.


(Seite 514-533)

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