Thorsten Lerchner: Analyse und Synthese: Descartes’ „Meditationes“. Über die zwei Gottesbeweise, Gewissheit und Methode in Descartes’ „Meditationes de prima philosophia“

Etwas gleich zweimal zu beweisen, macht verdächtig: Es könnte beim ersten Male ja nur unzureichend bewiesen worden sein; oder, noch schlimmer, es wäre gar beide Male mit dem Beweis danebengegangen, sodass man sich jetzt ganz auf die eindringliche Wiederholung verlasse. Und doch war es gerade René Descartes in seinen epochemachenden „Meditationes de prima philosophia“, der Gott an gleich zwei Stellen seines Textes bewiesen hat. Seine „Meditationes“ erscheinen sowieso als eine ungewöhnliche Schrift, deren explizite Programmatik „Nichts ist älter als die Wahrheit“ verknüpft wird mit einer methodischen Herangehensweise, die, wieder nach des Autors Worten, „noch so wenig beschritten“ ist. Der Aufsatz sucht aus einem formalistischen Blickwinkel das Philosophieverständnis Descartes’, das zwischen den beiden Polen des ganz Alten und ganz Neuen angesiedelt ist, auf die Doppelung der Gottesbeweise anzuwenden und zu zeigen, dass die Wiederholung des Beweises aus cartesischer Sicht nur konsequent ist.

Proving something twice raises suspicions: The first time, it could have been proven only insufficiently; or, even worse, both attempts may be unsatisfactory, wherefore insistent repetition has to be relied upon in order to convince. However, it was René Descartes himself in his famous “Meditationes de prima philosophia” who proved God’s existence twice in this epoch-making text. The “Meditations” seem a strange work anyway, combining its explicit guiding principle “nothing is older than the truth” with a method that, according to the author, “has rarely been used until now”. Taking a formalistic perspective, the essay seeks to apply the Cartesian concept of philosophy, which is set somewhere between the poles of the very old and the very new, on the double proof of God’s existence, showing that, from the Cartesian perspective, the repetition is only consequent.


(Seite 499-520)

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