Rolf Darge: „Die den Sinngehalt der Prinzipien nicht kannten, haben im Glauben Schiffbruch erlitten“. Zur religiösen Wurzel der mittelalterlichen Transzendentalwissenschaft

Die Wissenschaft vom Seienden im Allgemeinen und seinen kategorienübergreifenden Bestimmungen wie Einheit, Wahrheit, Gutheit beginnt in ihrer historischen Entwicklung nicht als Ontologie, sondern als Lehre vom Guten. Seit der Summa de bono (um 1226) Philipps des Kanzlers bewegt sich der transzendentaltheoretische Diskurs von der Analyse des Gutseins zu einem neuen, von der herkömmlichen christlich-neuplatonischen Sicht fundamental verschiedenen Seinsverständnis. Diesem zufolge ist das geschaffene Seiende nicht nur in einem abgeleiteten, uneigentlichen Sinne mit Blick auf das Kausalverhältnis zum ungeschaffenen Guten, sondern im Hinblick auf das ihm eigene innere Sein einfachhin und im eigentlichen Sinne „seiend“ und „gut“ zu nennen. Der Wechsel zum transzendentalen Denkmodell erfolgt angesichts der Herausforderung durch die offensiv vordringende Religion der Katharer. Er ermöglicht eine philosophische Antwort auf die katharische Weltverachtung, die in der Sicht der zeitgenössischen Autoren dem christlichen Schöpfungsverständnis besser entspricht als die frühere christlich-neuplatonische Antwort auf den Manichäismus.

 

 

Seen in its historical development the doctrine of being and its general attributes such as unity, truth, goodness originally starts as a theory of the good. Beginning with Philipps Summa de bono (ca. 1226) transcendental reflection proceeds from an analysis of goodness to a new understanding of being, which breaks with the christian-neoplatonic tradition. According to this new understanding created being is called „being“ (ens) and „good“ not further improperly in a derived sense with regard to its causal relation to the uncreated Good, but directly and in the proper sense in respect of its own inner being (esse) and goodness. The change to a transcendental mode of thinking is due to the challenge of the propagating religion of the Cathars. It enables a philosophical answer to the Cathar contempt for the world which in the eyes of the contemporary authors more closely corresponds to the christian perspective on creation than the former christian-neoplatonic answer to Manichaeism.

 

 


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