Andreas Koritensky: Religiöse Erfahrung und christliches Selbstverständnis. Der Aufstieg eines Deutungsbegriffs und die Folgen

Die Krise des Glaubens in der Neuzeit hat den Erfahrungsbegriff zu einem wichtigen Mittel der christlichen Selbstdeutung werden lassen. Mit diesem Begriff sollen der Wesenskern und das Kriterium des Christlichen erfasst werden. Eine Untersuchung der drei wichtigsten Grundmodelle, repräsentiert durch Schleiermachers unmittelbare Erfahrung in Anschauung und Gefühl, Rahners transzendentale Erfahrung und Swinburnes perzeptiven Ansatz, zeigt aber, dass der neue Begriff zu Verengungen in der theoretischen und praktischen „Architektur“ des Christentums führt. Statt das Christentum durch eine isolierte, einheitliche Erfahrungskonzeption zu stützen, erscheint es daher sinnvoller, den Erfahrungsbegriff selbst auf traditionelle Weise am Kriterium der Liebe Maß nehmen zu lassen. So wird es möglich, eine Vielfalt von religiös relevanten erfahrungsartigen Phänomenen zusammenzuführen, und gleichzeitig bleibt deren Strukturierung aus der Mitte der christlichen Religion gewahrt.

 

As consequence of the modern crisis of faith, the concept of religious experience has risen to an important instrument of Christian self-interpretation. Experience can even acquire the role of a criterion of religion. However, an analysis of the three most influential models, Schleiermacher’s immediate experience, Rahner’s transcendental experience and Swinburne’s perceptual approach, shows that the new concept conflicts with traditional theoretical and practical architecture of Christianity. Instead of founding the Christian faith on isolated and uniform concepts of experience, it seems more appropriate to take refuge to the traditional criterion of love. A broader variety of phenomena can be bound together as genuine religious experiences by that rule and remain at the same time dependent to the central source of the Christian religion.

 


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