William J. Hoye: Muss man wählen zwischen Frieden oder Wahrheit? Begründungen der Toleranz bei Ulrich Beck und Thomas von Aquin

Das Ideal der Toleranz erweist sich als ein ambivalenter Wert. Der Münchener Soziologe Ulrich Beck vertritt die beliebte These, dass Wahrheit Konflikte und Intoleranz zeitigt. Ihm zufolge soll stattdessen der Friede als Motivation der Toleranz gelten. Dagegen verteidigt dieser Artikel die Wahrheit gerade als Begründung von wahrer Toleranz. Entscheidend dabei ist die Unterscheidung zwischen Wahrheiten (konkret) und der Wahrheit (quasi-abstrakt). Während Wahrheiten sich eigentlich nicht widersprechen können, können Wahrheitsansprüche durchaus zu Konflikten führen. Wenn aber die Wahrheit als Ziel im Bewusstsein gehalten wird, öffnet sich eine Grundlage für echte Toleranz, die mehr als Gleichgültigkeit repräsentiert. In der christlichen Lehre über das irrende Gewissen, wie sie von Thomas von Aquin begründet wird, verdeutlicht sich diese Einsicht. Daran zeigt sich, wie Toleranz eine Ablehnung und zugleich eine (tiefere) Bejahung beinhaltet.


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