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Friedo Ricken S. J.: Menschenwürde und Recht auf Leben

Das Prinzip der Menschenwürde ist vom Recht auf Leben zu unterscheiden. Menschenwürde und Recht auf Leben sind durch die Autonomie begründet; das Leben ist die grundlegende Voraussetzung der Autonomie. Autonomie bedeutet nicht Willkür, so dass man nach Belieben über sein eigenes Leben verfügen könnte; es bedeutet vielmehr Verantwortung. Versteht man Autonomie als Verantwortung, so folgt daraus ein Recht auf Leben in einem strikten Sinn, d. h. die Pflicht zu leben in dem Sinn, dass die Entscheidung, das eigene Leben zu beenden, muss verantwortet werden können. Das Ende des Lebens ist das Ende der Verantwortung; das Ende der Verantwortung muss verantwortet werden können. Das Gewicht dieser Entscheidung liegt darin, dass durch die Selbsttötung die Verantwortung beendet wird und die Selbsttötung damit eine Möglichkeit ist, sich der Verantwortung zu entziehen. - Ist es sittlich erlaubt, die Qualität eines menschlichen Lebens zu bewerten und einen Menschen aufgrund dieser Bewertung zu töten? Die Bewertung der Qualität des Lebens eines anderen Menschen in diesem Sinn und mit diesen Folgen ist ein extremer Akt des Paternalismus; er hebt die Autonomie des Anderen auf.


We have to distinguish between human dignity and right to life. Human dignity and right to life are founded on autonomy; life is the basic precondition of autonomy. Autonomy does not mean arbitrariness; it means responsibility. From autonomy as responsibility follows a right to life in a strict sense, i.e. as a duty to live in the sense that the decision to end one’s own life has to be answered for. The end of life is the end of responsibility, and the end of responsibility has to be answered for. The importance of this decision is that by ending one’s life responsibility is ended so that suicide is a possibility to shirk one’s responsibility. – Is it morally permitted to evaluate the quality of a human life and to kill a human being on the basis of this evaluation? Evaluation of the quality of life of another human being in this sense and with these consequences is an extreme act of paternalism; it abolishes the autonomy of the other person.

 


(Seite 574-577)

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