Internationales Forschungsprojekt:

Friedensethik in Islamisch geprägten Ländern

In Zusammenarbeit mit:
Institut für Theologie und Frieden, Hamburg

Das Ende des Kalten Krieges hat die fragilen, aber doch irgendwie tragenden Pfeiler der Nachkriegsordnung zum Einsturz gebracht. Der gescheiterte „arabische Frühling“ und die Eskalationen bewaffneter Konflikte im Nahen und Mittleren Osten stellen eine nachhaltige Bedrohung für eine globale Friedensordnung dar. Diese wird sich freilich nur dann etablieren lassen, wenn es zu einem besseren Verständnis der Kulturen und Religionen kommt.

Eine jener Weichenstellungen, an denen sich entscheidet, ob die Zukunft friedlich verlaufen wird, ist die Suche nach einem Weltkonsens in der Delegitimierung von Gewalt. Formal bekennen sich mit ihrer Unterschrift unter die UN-Charta die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zum Gewaltverzicht. Dieser wird freilich in den unterschiedlichen kulturellen und religiösen Traditionen unterschiedlich begründet. Auch deshalb ist die Welt heute weit davon entfernt, über einen wirksamen Konsens hinsichtlich der Delegitimierung von Gewalt zu verfügen.

Vor diesem Hintergrund dient das Forschungsprojekt „Friedensethik in Islamisch gepräg-ten Ländern“ einem vertieften Verständnis des „Westens“ für innerislamische Gewalt- und Friedensdiskurse. Dazu widmet es sich vorrangig dem arabischen, iranischen und türkischen Sprachraum.

Im Brennpunkt der einschlägigen Untersuchungen stehen nicht die normativen Endpositionen zu Krieg, Gewalt und Frieden, sondern deren Begründungen. Diese sind durch deskriptive Wirklichkeitsanalysen, präskriptive Argumente der allgemeinmenschlichen Vernunft sowie Bezüge zu normativen Quellen des Islam geprägt.

Allerdings lassen sich aus den islamischen Rechtstraditionen kaum Antworten auf Herausforderungen moderner Kriegsführung finden. Das Forschungsprojekt identifiziert deshalb in einem ersten Schritt in der islamisch geprägten Welt geführte Diskurse zu Fragen von Gewalt, Krieg und Frieden und fragt nach deren institutionellem, gesellschaftlichem und politischem Ort. In einem Zwischenschritt geht es dabei auch um die jeweils vertretenen normativen Positionen.

Entscheidend aber ist der dritte Schritt, die Rekonstruktion der argumentativen Struktur der unterschiedlichen Positionen. In welcher Weise beziehen sich die verschiedenen Akteure auf die normativen Quellen des Islam? Welches sind diese Quellen überhaupt? Welches Gewicht besitzen die islamischen Traditionen, welches Gewicht die Wirklichkeitsanalyse? Und welche Kriterien leiten die jeweiligen normativen Schlussfolgerungen?

Die wissenschaftliche Analyse der argumentativen Architekturen, die in den einschlägigen Diskursen wirksam werden, ermöglicht nicht nur ein Verständnis über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg. Sie bereitet auch einen interreligiösen und interkulturellen Dialog zwischen divergierenden Positionen zu Gewalt, Krieg und Frieden vor.

Dieses Ziel wird durch Literaturstudien, Internetrecherchen, Feldstudien und internationale Kongresse verfolgt. Angezielt ist eine zusammenfassende und zugleich systematisierende Darstellung der aktuellen Diskussionen und ihrer argumentativen Strukturen in der arabischen, iranischen und türkischen Welt.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an
Prof. Dr. Dirk Ansorge: ansorge(at)sankt-georgen.de 
Dr. Heydar Shadi (Forschungsleiter): shadi(at)sankt-georgen.de