Hugo von Sankt Viktor - Institut
für Quellenkunde des Mittelalters

Hugo als Lehrer: Cum sederem
aliquando in conuentu...

Oxford, Bodleian Library,
Ms. Laud. Misc. 409, fol. 3v

Hugo von Sankt Viktor

Hugo von Sankt Viktor war Regularkanoniker der Abtei St. Viktor in Paris. Über seine Herkunft und sein Geburtsdatum wird ebenso wie über sein Eintrittsdatum in St.Viktor gestritten. Sicher darf er jedoch als Schüler Wilhelms von Champeaux, des Gründers der Abtei St.Viktor, gelten und als Mitglied der kirchlichen Reformbewegung seiner Zeit.

Sein Wirkungsfeld war in erster Linie die Schule von Sankt Viktor. Seine überlieferten Schriften weisen ein weites Spektrum auf: Geometrie, Grammatik, Geographie, Historiographie, Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie, Kommentare und Exegetica sind ebenso verteten wie eine Vielfalt an Werken zur theologischen Fragen im engeren Sinne (für eine Werkliste siehe: Edition), so vor allem seine Summe De Sacramentis Christianae Fidei. Eine Zuordung der einzelnen Werke zu bestimmten literarischen Genera erscheint dabei oft schwierig und muß dem Befund der kritischen Edition überlassen bleiben. Vor allem der Sammelbegriff Miscellanea (PL 177) wird dabei zu überwinden sein.

Von den philosophischen Schriften hat besonders das Didascalicon de Studio legendi maßgeblich auf den weiteren mittelalterlichen Schulbetrieb gewirkt. Der These, es handle sich dabei um eine Art Studienplan für St.Viktor, mangelt es allerdings bislang an klaren Indizien. Augustins Hermeneutik aus De Doctrina Christiana aufgreifend, entwickelt Hugo dort eine sapientiale, auf die Schriftauslegung hingeordnete Wissenschaftslehre.

Hugos Kommentare zur Heiligen Schrift, zu Pseudo-Dionysius (In Hierarchiam Celestem) sowie seine Summen (Sententiae de Divinitate, Dialogus de Sacramentis, De Sacramentis Christianae Fidei) sind grundlegend geprägt von seiner sich in den beiden Begriffen opus conditionis und opus restaurationis artikulierenden heilsgeschichtlichen Perspektive, die vor allem den Einfluß des Pseudo-Dionysius verrät.

Die für das 12. Jahrhundert typische, vor allem von Bernhard von Clairvaux bekannte, Brautmystik findet bei Hugo in einigen Schriften ihren eigenen Ausdruck.

Hinsichtlich der Quellenfrage kann die größtenteils überlieferte Bibliothek der Abtei St.Viktor aufschlußreiche Hinweise geben, so hat sich gezeigt, dass einige biblische und vor allem liturgische Quellen direkt benennbar sind.
Gesichert ist Hugos Sterbedatum am 11.2.1141 in Paris.

Überliefert ist sein Werk in ca. 3000 Handschriften.



Die Abtei von Sankt Viktor in Paris

1108 bei der Kapelle des Heiligen Viktor von Marseille vor den Mauern von Paris von Wilhelm von Champeaux gegründet, hat die Abtei bis zur Französischen Revolution (1790) existiert. 1544-50 erfolgte unter Abt G.A.Caracciolo (1544-50) ein grundlegender Umbau. Die Gebäude wurden 1811 abgerissen. Erhalten hat sich das Chorgestühl und vor allem die Bibliothek (In der Bibliothèque Nationale, Bibliothèque de l'Arsenal und in der Bibliothèque Mazarine).

Als erster Abt wirkte Gilduin (1113-1155), unter dem auch der Liber Ordinis verfaßt wurde.(1) Über die Mitglieder gibt der Nekrolog der Abtei Aufschluß.(2) Bedeutende Gelehrte brachte die Abtei vor allem in ihrer ersten Blütezeit hervor (Wilhelm von Champeaux, Hugo von Sankt Viktor, Richard von Sankt Viktor, Andreas von Sankt Viktor, Gottfried von Sankt Viktor; Petrus Lombardus absolvierte hier einen Teil seiner Studien). Doch auch spätere Jahrhunderte bergen für die Forschung interessante Persönlichkeiten. Allein 7 Kardinäle, 20 Bischöfe und 54 Äbte für andere Stifte gingen aus der Abtei hervor. Die Geschichte der Abtei wurde ausführlich von Fourier Bonnard Anfang des 20. Jahrhunderts untersucht.(3)

Von Sankt Viktor, Paris, ausgehend entstand die Kongregation von Sankt Viktor mit Niederlassungen in allen Teilen Euopas.



Internetkartei zur Hugo-Forschung

Wir wollen (analog zur Internetkartei zur Albert-Forschung des Albertus-Magnus-Instituts, Bonn) eine Internetkartei zur Hugo von Sankt-Viktor-Forschung anlegen.
Wenn Sie an einem solchen Projekt arbeiten und dieses gerne über das Internet bekanntgeben wollen, bitten wir für unsere Kartei um folgende Angaben:
 

  • Name
  • Adresse
  • Arbeitstitel des Forschungsprojektes
  • Zuordung zu einem Forschungsbereich (Philosophie, Theologie, Geschichtswissenschaften etc.)
  • Art des Projektes (z.B. Dissertation, Habilitation, Zeitschriftenartikel etc.)


(1) Ediert von L.JOCQUÉ: Liber Ordinis S.Victoris Parisiensis, Turnhout (Brepols) 1984 [= CCCM; 61].
(2) Ediert von Auguste MOLINIER: Obituaires de la Province de Sens: Tome I Diocèses de Sens et de Paris, Paris  (Imprimerie Nationale) 1902 [= Recueil des Historiens de la France publiés par L'ACADEMIE DES INSCRIPTIONS ET BELLES-LETTRES: OBITUAIRES; 1] pp. 531-608.
(3) Fourier BONNARD: Histoire de l'Abbaye Royale et de l'Ordre des Chanoines Réguliers de Saint-Victor de Paris, 2 vol., Paris o.J. (1908).